Neuenhagener Handwerksmeisterin wehrt sich vor dem Verwaltungsgericht gerichtlich gegen Schließung ihres Salons
Neuenhagen bei Berlin, 9. Februar 2021 – Nadine Potrafke ist seit 18 Jahren mit Leib und Seele Meisterin des Friseurhandwerks. Doch die Geschäftsfrau ist am Ende ihrer Existenz. Erst musste sie ihr Geschäft im Frühjahr vergangenen Jahres für sechs Wochen schließen. Nun ist die „Frisör-Werkstatt“ in Neuenhagen (Landkreis Märkisch-Oderland) im Zuge des zweiten Lockdowns bereits mehr als acht Wochen dicht. „Ich habe keine Einnahmen, aber laufende Kosten“, sagt Nadine Potrafke. Angekündigte finanzielle Hilfen seitens des Staates blieben jedoch entweder aus oder entsprechende Programme greifen erst gar nicht für Dienstleister wie Friseure. „Es gibt aber keinen Grund, Friseursalons geschlossen zu halten“, sagt die Friseurmeisterin. Um ihre Existenz und die ihrer fünf Angestellten zu sichern, hat sie nun Klage beim Verwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht. Ihr Ziel: Die umgehende Rücknahme von Schließungsanordnungen. „Ich möchte endlich wieder Geld verdienen und nicht um die Zukunft meines Geschäfts bangen!“
Nadine Potrafke ist eine von 16 Friseurinnen und Friseuren bundesweit, die jeweils Klagen bei ihren zuständigen Verwaltungsgerichten eingereicht haben. Da jedes Bundesland über eigene Eindämmungsverordnungen verfügt, bleibt den Friseuren kein anderer Weg, als vor Ort gegen die Landesregierungen zu klagen. Für die Friseurmeisterin aus Neuenhagen geht es dabei aber nicht nur um ihren ganz eigenen Fall. Sie engagiert sich als Mitglied der Initiative „Friseure in Not“ stellvertretend für die rund 7.000 Friseure im Land Brandenburg von der Prignitz und Uckermark im Norden bis in den Landkreis Elbe-Elster und die kreisfreie Stadt Cottbus im Süden.
„Es geht hier nicht darum, die Gefährlichkeit des Coronavirus in Frage zu stellen“, erklärt Nadine Potrafke. Vielmehr gehe es um die Verhältnismäßigkeit hinter den Regelungen in den Eindämmungsverordnungen. „In der Zeit nach dem ersten Lockdown haben wir viel Geld in Hygienemaßnahmen investiert, das Terminmanagement komplett neu aufgestellt und hohe Sicherheitsstandards in der Betreuung unserer Kunden angewandt“, sagt die Friseurmeisterin. Ihr sei kein einziger Fall einer Corona-Infektion bekannt, die ihren Ursprung in ihrem Friseursalon hatte. „Bei uns gelten Regelungen, die man so in keinem Supermarkt und in keiner Bäckerei findet.“
Als ungerecht empfindet sie, dass ihr quasi ein Berufsverbot auferlegt wurde, sich der Staat aber beim Ausgleich von entstandenen Einnahmeausfällen komplett aus der Verantwortung zieht. „Reine Lippenbekenntnisse helfen niemandem aus unserer Branche“, sagt Nadine Potrafke. „Davon können wir keine Mieten bezahlen oder unseren Lebensunterhalt bestreiten.“
Unterstützt wird die Klage von Nadine Portrafke und den übrigen 15 Friseuren aus dem Bundesgebiet von der Wild Beauty GmbH und deren beiden Geschäftsführern Noah Wild und Mira Wild. Die Wild Beauty GmbH mit Sitz in Seeheim-Jugenheim bei Darmstadt ist ein Familienunternehmen in zweiter Generation, die exklusive Vertriebsgesellschaft in Deutschland für professionelle friseurexklusive Haarkosmetikmarken von John Paul Mitchell Systems® und Kemon mit knapp 100 Mitarbeitern.
Nadine Potrafke sieht keinen anderen Weg, als zu klagen. „Hier wird leichtfertig mit der Existenz der Menschen gespielt“, sagt sie. „Die Rücklagen in den Friseurbetrieben sind aufgebraucht.“ Bereits jetzt sei klar, dass viele Geschäfte nach dem Ende des zweiten Lockdowns nicht mehr wieder eröffnen werden. Sie selbst kann nur deshalb überleben, weil sie im Zuge des ersten Lockdowns einen Kredit aufnahm. „Unfair ist, dass ich als Inhaberin eines soliden, gesunden Unternehmens Schulden machen muss“, sagt sie. Bitter sei zudem, dass ihre fünf Angestellten auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind, die sich auf dem Niveau eines Hartz 4-Regelsatzes bewegen.